Etude für Klavier und Tonband (1993/1994)
Als zweite Komposition während meines Studienaufenthaltes am IRCAM , Paris, war die Erstfassung dieser Etude für die Sommerakademie des IRCAM in Auftrag gegeben worden, um Pianisten erste Erfahrungen im Musizieren zusammen mit einem Real-Time-Computersystem (der Ircam Signal Processing Workstation - ISPW) zu ermöglichen. Dabei stand das Ausloten der künstlerischen Wechselwirkung zwischen Musiker und Maschine im Vordergrund.
Um das Stück - unabhängig von der Verfügbarkeit einer voll ausgestatteten ISPW - aufführen zu können, habe ich eine "Uminstrumentierung" für Klavier und vom Computer generiertes Tonband vorgenommen.
Die synthetischen Klänge - mittels der vom Komponisten entwickelten Software-Umgebung KLANGPILOT hergestellt - umgeben zunächst das Spiel des Pianisten wie ein - etwas eigenwilliger - Schatten, in dem die Harmonien des Klaviers als Klangfarbenspektren uminterpretiert, ja umgeschmolzen werden, um so mit dem Klavierklang zusammen einen Schwebezustand zwischen den Bereichen Klangfarbe und Harmonik zu etablieren.
Im Verlaufe des Stückes werden Tonhöhenorganisation und Rhythmus des Klaviers und der synthetischen Klänge mehr und mehr unabhängig und kontrapunktieren einander, um letztlich in einer vielschichtigen Kreisbewegung eine dynamische Balance aller beteiligten Elemente zu erreichen.