für Mezzosopran, Chor, Trompete, Schlagzeug, Klavier und computer-generiertes Tonband
PROLOG
"Wo hat sich denn dein Gott hingewandt ?"
"Kümmert es ihn nicht, wenn die Menschen leiden ?"
"...es ist kein Gott ... es ist doch hinlänglich erwiesen, ... gibt keinen
Gott..."
Gott, schweige doch nicht !
Gott, bleib nicht so still und ruhig ! (Ps. 83)
HERR, warum stehst du so ferne, verbirgst dich zur Zeit der Not ?
Weil Skrupellose der Übermut treibt, müssen die Elenden leiden, werden
gefangen in deren Ränken.
HERR, warum stehst du so ferne, verbirgst dich zur Zeit der Not ? (nach Ps.
10)
Gott tröste uns wieder und laß leuchten dein Antlitz, so genesen
wir. (Ps. 80)
REZITATIV I
Ihr seid das Licht der Welt.
Es kann die Stadt, die auf dem Berge liegt, nicht verborgen sein.
Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter einen Scheffel,
sondern auf einen Leuchter, so leuchtet es allen, die im Hause sind. (Mth. 5,
15 ff.)
REZITATIV II
Dein Auge ist des Leibes Leuchte, ein Fenster deines ganzen Wesens,
wenn nun dein Auge lauter ist, dein Blick klar und aufrecht ,
so ist dein ganzer Leib Licht.
Wenn aber dein Auge böse ist, so ist auch dein Leib finster. (nach Lk.
11, 33 - 35)
ARIE
Ihr seid das Licht der Welt. Es kann die Stadt, die auf dem Berge liegt, nicht
verborgen sein.
Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter einen Scheffel,
sondern auf einen Leuchter, so leuchtet es allen, die im Hause sind.
So soll euer Licht leuchten vor den Leuten, daß sie eure guten Taten sehen
und Euren Vater im Himmel preisen. (Mth. 5, 15 ff.)
CHORAL
Es wirke durch dein kräftig Wort dein guter Geist stets fort und fort
an unser aller Seelen.
Es leucht uns wie das Sonnenlicht, damit's am rechten Lichte nicht im Hause
möge fehlen.
Jene schöne, tiefe, stille Gnadenfülle ist mit Schätzen dieser
Welt nicht zu ersetzen.
(nach EKG 173, 2+5)
Kantate Wo hat sich dein Gott hingewandt ?
Diese Kantate wurde von einem jungen Künstler im Auftrag
der Haller Bachtage komponiert,
von einem Zeitgenossen für Zeitgenossen,
ganz bewußt auch für den Rahmen eines Gottesdienstes konzipiert,
und will eine geistige und religiöse Fragestellung nicht nur mittels
des zugrunde gelegten Textes, sondern auch in den musikalischen Gedanken beantworten.
Sie wurde mit der Überzeugung geschaffen, daß auch
geistliche Musik in ihren Mitteln und in der Wahl des Klangkörpers aktuell
sein soll und sich dem gegenwärtigen Stand der Kunstmusik und den Neuerungen
unseres Jahrhunderts nicht zu verschließen braucht.
Die Instrumente realisieren zusammen mit den zugespielten Computerklängen
eine gemeinsame, wunderliche Klangwelt, die aufhorchen und staunen, manchmal
vielleicht auch erschauern läßt. Akkorde verschmelzen zu Klangfarben,
die synthetischen Klänge folgen so aufeinander, daß ihr innerer Aufbau
und die Wirkungen untereinander ähnlich "funktionieren", wie man es von
Akkordfolgen kennt.
Die Stimmen der Solistin und des Chores
agieren im Gefüge der geordneten Klänge,
stellen die Frage, wo denn Gott in dieser Zeit überhaupt zu finden
sei, und, ob er sich um die Menschen kümmere,
versuchen, sich im Zusammenwirken mit dem Klanggeschehen zu stabilisieren
und der Klage eine Antwort entgegenzusetzen.